„Am Ende der Jagd werden die Hasen gezählt“ – ein Sprichwort, das auch auf den Brieftaubensport zutrifft. In der letzten Ausgabe habe ich noch geschrieben, dass ich mit der Alttiersaison 2024 nicht ganz zufrieden war. Diese Aussage muss ich nun revidieren: Die letzten Flüge verliefen fantastisch, und ich konnte mich in einigen Meisterschaften noch sehr gut platzieren.
Die Reisesaison 2024 ist nun fast vorüber, und nur noch die letzten Flüge mit den Jungtauben stehen an. Danach wird es Zeit, Bilanz zu ziehen. Jeder Züchter prüft, ob seine Ziele erreicht wurden. Die Preislisten geben oft ein klares Bild – zumindest bei den Alttauben. Nun beginnt die Phase, in der die Weichen für die nächste Saison gestellt werden. Ein entscheidender Schritt dabei ist die Selektion der Tauben.
Die Selektion der Alttauben
Bei der Selektion der Alttauben geht es nicht nur darum, Tiere auszusortieren, die die Erwartungen nicht erfüllt haben. Auch bei erfolgreichen Reisetauben muss ich abwägen, ob sie auf den Zuchtschlag gesetzt werden. Tauben, die sich unter schwierigen Witterungsbedingungen bewährt haben, haben gezeigt, dass sie wertvolle Gene für die Zucht weitergeben können. Die Herausforderung besteht darin, den Reisebestand nicht zu sehr zu schwächen, indem man zu viele leistungsstarke Tauben in die Zucht überführt.
Ich persönlich ziehe es vor, besonders starke Reisetauben frühzeitig in die Zucht zu nehmen, um ihre Gene zu sichern. Gleichzeitig habe ich Bedenken, solche wertvollen Tiere durch Greifvogelattacken oder andere Risiken auf einem Wettflug zu verlieren. Mein derzeit bester Zuchtvogel „Hattrick“, der dreimal hintereinander den ersten Konkurs errang, wurde direkt nach der Jungtierreise auf den Zuchtschlag gesetzt. Seine Nachzucht hat mir bereits mehrfach erfolgreiche Tauben beschert.
Da ich nur maximal 40 Reisetauben halte, muss ich bei der Selektion sehr konsequent sein. Tauben, die nur mittelmäßige Leistungen zeigen, gebe ich lieber ab und setze auf Jungtiere, die sich in der nächsten Saison beweisen können. Allerdings bekommen Tauben, die im Vorjahr stark geflogen sind, in einer schlechten Saison noch eine zweite Chance.
Die Selektion der Jungtauben
Die Selektion der Jungtauben ist komplexer, vor allem wenn mehr Jungtiere vorhanden sind, als Plätze auf dem Reiseschlag zur Verfügung stehen. Idealerweise sollte dies der Fall sein, denn es geht nicht darum, den Schlag zwanghaft zu füllen, sondern nur die besten Tauben zu behalten.
Leider gab es in diesem Jahr bei den ersten Vorflügen Verluste, die oft auf Greifvogelangriffe zurückzuführen sind. Viele Züchter kämpfen damit, überhaupt eine Mannschaft von Jährigen für das kommende Jahr aufstellen zu können. In solchen Fällen erübrigt sich die Selektion von selbst. Glücklicherweise ist mein Schlag weniger von Greifvögeln betroffen als bei vielen anderen Sportfreunden.
Drei Kriterien für die Selektion der Jungtauben
Bei der Selektion meiner Jungtauben spielen drei Hauptkriterien eine Rolle: Reiseleistung, Abstammung und Handbeurteilung.
1. Reiseleistung: Für mich das wichtigste Kriterium. Meine besten Jungtauben sind oft auch später die besten Alttauben. Eine gute Reiseleistung zeigt sich, wenn die Taube mindestens zwei Mal in der Spitze der RV platziert war. Beim Endflug über 300 km sollten sie ebenfalls gut abschneiden. Natürlich gibt es auch Züchter, die Tauben behalten, die keinen Preis errungen haben, und diese Tauben werden oft zu ihren besten Jährigen. Warum das so ist, kann ich nicht erklären, aber bei mir zeigt sich, dass gut geführte Jungtauben auch erfolgreich reisen.
2. Abstammung: Die Familienlinie ist ein weiterer wichtiger Faktor. Tauben, deren Geschwister oder Halbgeschwister bereits gute Reiseleistungen gezeigt haben, kommen in die engere Auswahl. Jungtauben von Zuchttauben, die keine erfolgreichen Nachkommen hervorgebracht haben, werden hingegen aussortiert, ebenso wie die Zuchttauben selbst.
3. Handbeurteilung: Dieses Kriterium ist für mich weniger entscheidend. Natürlich ist es schön, wenn eine Taube gut in der Hand liegt, ein seidenweiches Gefieder hat und eine starke Muskulatur aufweist. Doch letztlich zählt die Leistung. Es gibt immer wieder Tauben, die nicht dem Idealbild entsprechen und dennoch herausragende Ergebnisse erzielen.
Der Übergang zur nächsten Saison
Die Selektion der Jungtauben erfolgt direkt nach den Jungtierflügen. Sie sollen sich so schnell wie möglich an ihren Platz im Reiseschlag gewöhnen. Während die Alttauben bereits in der Hauptmauser sind, können die Jungtauben ihren Platz im Weibchen- oder Witwerabteil finden und in Ruhe durch die Mauser gehen. Die Belichtung der Jungtauben stoppe ich nach der Jungtierreise, und sie lernen, wo der Ein- und Ausflug im Schlag ist.
Freiflug erhalten die Jungtauben dann nur noch unter Aufsicht und zeitlich begrenzt.