In der neuesten Folge unserer Podcast-Reihe “Sinnvoll oder Sinnfrei?” haben wir uns mit einem der ältesten und umstrittensten Themen im Brieftaubensport beschäftigt: der Handbeurteilung von Tauben. Dabei geht es um die Frage, ob und wie stark die körperliche Form und die Handbeurteilung einer Taube Aufschluss über ihre Leistungsfähigkeit geben. Ist die perfekte Form der Garant für Erfolg, oder spielen andere Faktoren eine wichtigere Rolle?
Handbeurteilung – Was bedeutet das?
Die Handbeurteilung ist eine klassische Methode unter Taubenzüchtern, bei der die Taube in die Hand genommen und auf bestimmte Merkmale untersucht wird. Typische Kriterien sind unter anderem:
• Starker Rücken: Die Taube sollte im Rückenbereich fest und stabil sein.
• Enge Legebeine: Eng anliegende Beine gelten als Zeichen für Stärke und Ausdauer.
• Schmaler Schwanz: Ein schmaler Schwanz wird oft als Hinweis auf gute Flugleistung gewertet.
• Gesamteindruck: Die Taube sollte insgesamt harmonisch gebaut sein und “gut in der Hand liegen”.
Diese Merkmale gelten vielen Züchtern als Hinweise auf die potenziellen Reise- und Zuchtleistungen der Taube. Doch ist diese Methode wirklich sinnvoll, oder basiert sie eher auf Tradition und persönlichen Vorlieben?
Robert Maaß’ Sichtweise auf die Handbeurteilung
Robert Maaß geht offen damit um, dass er gerne eine perfekt in der Hand liegende Taube hat, dennoch schränkt er ein: „Die Leistung der Taube auf dem Flug ist entscheidend. Ich hatte schon Tauben mit Fächerschwanz, die dennoch top Preise geflogen haben.“ Für Robert spielt die Form in der Hand eine untergeordnete Rolle, wenn die Leistung auf den Preisflügen stimmt.
Er erinnerte sich im Podcast an mehrere Fälle, in denen Tauben, die in der Hand nicht den besten Eindruck machten, hervorragende Reiseleistungen zeigten. „Manchmal täuscht der erste Eindruck – was in der Hand perfekt erscheint, muss nicht immer auf den Flügen glänzen, und umgekehrt.“ Robert betonte, dass es entscheidend sei, auf die Flugergebnisse zu achten, anstatt sich zu sehr auf äußere Merkmale zu verlassen.
Simon Ullrich: Die Erfahrung aus dem One Loft Racing
Simon Ullrich stimmte Robert zu, ergänzte aber, dass es beim One Loft Racing oft anders aussieht. Er berichtete von seinen Erfahrungen auf internationalen One Loft Rennen, bei denen er immer wieder feststellte, dass die besten Tauben auch in der Hand gut abschneiden. Vor allem beim Endflug in Kairo fiel ihm auf, dass die erfolgreichsten Tauben oft stark im Rücken waren und gut gebaute Legebeine hatten. „In Ägypten flogen die Tauben unter extremen Bedingungen, und diejenigen, die am Ende erfolgreich waren, wiesen ähnliche körperliche Merkmale auf“, erklärte Simon.
Er gibt zu, dass er Tauben für One Loft Rennen bevorzugt, die in der Hand gut bewertet werden, da sie unter diesen besonderen Bedingungen oft besser abschneiden. Dennoch räumte auch Simon ein, dass es Ausnahmen gibt und Tauben, die in der Hand nicht ideal wirken, dennoch hervorragende Leistungen erbringen können.
Die Bedeutung der Zucht und Vererbung
Ein weiterer wichtiger Punkt, den beide Züchter ansprachen, ist die Vererbung. Simon erzählte von einem seiner Top-Vögel, der in der Hand zwar nicht perfekt wirkte, jedoch konstant starke Jungtiere vererbt hat, die bei internationalen Rennen erfolgreich waren. Für ihn ist klar: „Auch wenn die Handbeurteilung Aufschluss über die körperliche Verfassung gibt, kann die Zuchtlinie entscheidender sein. Die Leistung der Nachkommen ist oft der wahre Indikator für den Wert einer Taube.“
Robert ergänzte, dass manche Züchter zwar Wert auf äußerliche Merkmale legen, es jedoch wichtiger sei, wie die Tauben auf den Flügen abschneiden. „Wir alle wollen Tauben, die gut in der Hand liegen, aber am Ende zählt die Leistung und nicht das perfekte Erscheinungsbild“, so Robert.
Fazit: Sinnvoll oder sinnfrei?
Am Ende der Diskussion waren sich beide einig: Die Handbeurteilung kann ein hilfreiches Werkzeug sein, aber sie sollte nicht das einzige Kriterium bei der Auswahl von Reisetauben sein. Die Leistung auf den Flügen und die Vererbung spielen eine entscheidendere Rolle. Die perfekte Taube in der Hand ist nicht immer die perfekte Taube im Flug.
Für Züchter, die erfolgreich im One Loft Racing oder bei Wettbewerbsflügen mitmischen wollen, kann die Handbeurteilung sicherlich von Vorteil sein, doch sie sollte immer im Zusammenspiel mit anderen Faktoren wie Leistung und Abstammung betrachtet werden.
Eure Meinung ist gefragt!
Was denkt ihr? Legt ihr großen Wert auf die Handbeurteilung oder achtet ihr mehr auf die Leistung und Zuchtlinien? Lasst uns eure Meinung und Erfahrungen in den Kommentaren wissen!